Jetzt wissen wir, was nach dem international anerkannten INES-Schema ein „Störfall“ ist: Ein Ereignis, nach dem das Kernkraftwerk nicht weiterarbeiten kann, bei dem die Sicherheitseinrichtungen im Kernkraftwerk aber die Freisetzung von radioaktiven Stoffen außerhalb des Kraftwerks verhindern. Durch Qualitätssicherung bei der Bedienung und dem Bau des Kraftwerks versucht man solche Situationen zu verhindern.
Für den Fall der Fälle gibt es ein Sicherheitssystem, das bestimmten Ideen folgt. Die oberste Regel lässt sich ganz einfach in einem Satz zusammenfassen: "Doppelt hält besser". Guckt man genau hin, dann spielen aber eine ganze Reihe von Sicherheitsmaßnahmen eine Rolle:
Redundanz
Entmaschung
Diversität
Fail-Safe und andere Aspekte
Diese Ausdrücke klingen kompliziert, sind es aber nicht.
Was tun? - Das Sicherheitskonzept

Qualitätssicherung: Bei der Auswahl der Werkstoffe und ihrer Verarbeitung werden eine Vielzahl von Kontrollen vorgenommen. Während des Reaktorbetriebs sind laufende Kontrollen vorgeschrieben.
Diversität: Da auch mehrfach vorhandene gleichartige Sicherheitssysteme aus der gleichen Ursache (z. B. Konstruktionsfehler) versagen können, werden für den gleichen Zweck technisch unterschiedliche Einrichtungen vorgesehen. [diversitas (lat.) = Verschiedenheit]
Fail-Safe: Soweit eine technische Realisierung möglich ist, wird die Reaktoranlage bei Ausfällen automatisch in einen sicheren Zustand überführt ("fehlverzeihendes" System). [fail (engl.) = versagen, safe (engl.) = sicher, gefahrlos]
Konservative Auslegung: An vielen Stellen der gesamten Reaktoranlage sind sogenannte Auslegungsreserven vorgesehen, das heißt, die Systeme in einem Kernkraftwerk sollen stets mehr verkraften, als im Alltagsbetrieb nötig ist.
Automatische Leittechnik: Bei einer auftretenden Störung arbeitet das Reaktorsicherheitssystem selbständig und lässt sich durch ein möglicherweise falsches Verhalten des Betriebspersonals nicht stören. Das Sicherheitssystem kontrolliert sich selbst.
Entmaschung: Damit ein ausfallendes Sicherheitssystem das Nachbarsystem nicht beeinträchtigt, besitzen sie keine gemeinsamen Komponenten. Außerdem werden sie räumlich getrennt und baulich besonders geschützt angeordnet.
Redundanz: Wichtige Sicherheitssysteme werden mehrfach (redundant) angeordnet. Es sind mindestens zwei Systeme mehr vorhanden (n + 2), als für die eigentliche Funktion benötigt werden. [redundantia (lat.) = Überfülle]
Redundanz…
Das Wort „Redundanz” kommt aus dem Lateinischen (redundare, im Überfluss vorhanden sein) und ist der Fachausdruck für „Doppelt und Dreifach hält besser”. Das heißt, wichtige Sicherheitssysteme werden mehrfach eingebaut: Wenn das eine Sicherheitssystem versagt, kann das andere einspringen. Wie das funktioniert, kann man unten einmal beim Öffnen einer Leitung testen. Versagt ein Ventil, sind in diesem Fall noch zwei weitere vorhanden, die den Wasserkreislauf öffnen.
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Das klingt schon recht gut, reicht jedoch nicht immer aus – aber warum? Wann können auch in einem redundanten System Probleme auftreten?
… reicht alleine noch nicht
Wer jetzt denkt: „Wenn man ein falsch konstruiertes Bauteil zweimal einbaut, dann hat man ein Problem nur verdoppelt und nicht gelöst” oder „Wenn ein System in einem Notfall nicht ausreicht, dann macht es keinen Sinn, auf seine Kopie auszuweichen” – der lag richtig. Eine Verdopplung von Sicherheitsmaßnahmen ist nur bei einfachen, überschaubaren Systemen sinnvoll – besonders bei komplizierten Systemen reicht das nicht. Man muss beim Verdoppeln das Prinzip der Diversität beachten.
Auch dieser Begriff kommt aus dem Lateinischen: Diversitas heißt Verschiedenheit. Das heißt: Anstatt mehrmals das gleiche System einzubauen – um im Notfall zwischen gleichartigen Systemen hin- und herschalten zu können – baut man unterschiedliche Sicherheitssysteme ein, die sich gegenseitig ersetzen können. Das ist so, als würde man für eine Probearbeit nicht zwei gleiche Spickzettel im Federmäpppchen verstecken, sondern stattdessen einen Spickzettel im Mäppchen deponieren und sich gleichzeitig neben eine gute Mitschülerin setzen, von der man abschreiben kann.
Im Kernkraftwerk kann man zum Beispiel die Luft im Sicherheitsbehälter einerseits filtern. Andererseits kann man mit einer Druckerniedrigung verhindern, dass die Luft bei einem Leck ausströmt – zwei Ideen, ein Effekt: Kein Austritt von Radioaktivität.
Entmaschung
Und damit ein ausfallendes Sicherheitssystem das Nachbarsystem nicht beeinträchtigt, besitzen sie keine gemeinsamen Komponenten. Außerdem werden sie räumlich getrennt und baulich besonders geschützt angeordnet.
Fail-Safe und andere Aspekte
Ein weiterer Sicherheits-Grundsatz heißt „konservative Auslegung”. Das hat nichts mit konservativen Parteien zu tun, sondern damit, was die Systeme im Kernkraftwerk leisten können: Sie sollen stets mehr verkraften, als im Alltagsbetrieb nötig ist – so sollen zum Beispiel im Notfall bei Überlast die Rohrleitungen nicht sofort platzen.
Hinter dem Grundsatz „Fail-Safe” steckt ebenfalls ein einfaches Prinzip: Wenn ein Problem auftritt, dann soll das System möglichst in einen stabilen Zustand zurückfallen. Ein Beispiel sind die Steuerstäbe im Kernreaktor. Bei starken Abweichungen vom normalen Betrieb kann der Reaktor durch schnelles Einfahren der Steuerstäbe innerhalb weniger Sekunden abgeschaltet werden. Dieser "Schnellschuss" wird automatisch ausgelöst, kann aber auch durch Betätigen eines Notschalters herbeigeführt werden.
Und mit der automatischen Leittechnik arbeitet das Reaktorsicherheitssystem selbstständig und lässt sich auch nicht im unwahrscheinlichen Fall von falschem Verhalten des Betriebspersonals stören. Außerdem kontrolliert das Sicherheitssystem sich selbst.